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- Hannah Sekunde
Ist Legasthenie vererbbar? Vererbung und genetische Faktoren im Fokus
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Übersicht
Legasthenie: Vererbung und genetische Faktoren
Studien zeigen, dass Legasthenie eine starke genetische Komponente hat. Kinder, deren Eltern oder Geschwister betroffen sind, haben ein deutlich erhöhtes Risiko, selbst Schwierigkeiten im Lesen und Schreiben zu entwickeln.
Studien und Forschungsergebnisse
Familienuntersuchungen in den USA, England und der BRD konnten zeigen, dass eine Legasthenie familiär gehäuft (40-50%) auftritt (Schulte-Körne, 2001a). Um den genetischen Einfluss sicherer abschätzen zu können, haben Wissenschaftler:innen mit Hilfe von Zwillingsstudien herausgefunden, dass die Wahrscheinlichkeit, eine Legasthenie zu entwickeln, bei eineiigen Zwillingen höher ist, als bei Zweieiigen. Diese Erkenntnis deutet darauf hin, dass genetische Faktoren eine große Rolle spielen. Der genetische Einfluss liegt für die Rechtschreibstörung bei 60%, für die Lesestörung bei etwa 50%. Forscher:innen konnten verschiedene Gene identifizieren, die mit der Lese- und Rechtschreibfähigkeit zusammenhängen. Diese Gene beeinflussen die Entwicklung des Gehirns, insbesondere die Bereiche, die für Sprachverarbeitung und Lesefähigkeit zuständig sind. Eine divergente Funktion dieser Gene kann dazu führen, dass die Vernetzung im Gehirn nicht optimal abläuft, was das Erlernen des Lesens und Schreibens erschwert.
Erblichkeit von Legasthenie
Die Erblichkeit von Legasthenie wird auf 40 bis 70% geschätzt. Dies bedeutet, dass ein erheblicher Teil des Risikos genetisch bedingt ist. Allerdings spielen auch Umweltfaktoren eine Rolle.
Demnach entwickelt nicht jedes Kind mit einer genetischen Veranlagung automatisch eine Legasthenie.
Auslöser einer Legasthenie
Obwohl genetische Faktoren eine große Rolle spielen, gibt es weitere primäre (d.h. angeborene) Ursachen, die eine Legasthenie auslösen können.
Neurobiologische Ursachen
Moderne Gehirnscans zeigen, dass Menschen mit Legasthenie oft eine veränderte Aktivität in bestimmten Bereichen des Gehirns aufweisen, insbesondere in denen, die für Sprachverarbeitung und Artikulation zuständig sind.
Diese Unterschiede führen dazu, dass das Gehirn Schwierigkeiten hat, Grapheme (Buchstaben) und Phoneme (Laute) miteinander zu verbinden.
Mehr dazu findest du hier: Oxford-Studie: Legasthenie ist mehr als nur eine Lese- und Rechtschreibschwäche
Entwicklungsfaktoren in der frühen Kindheit
Auch wenn die genetische Veranlagung vorhanden ist, können frühe Erfahrungen und Umwelteinflüsse darüber entscheiden, ob und wie stark eine Legasthenie ausgeprägt wird. Faktoren, die das Risiko erhöhen, sind unter anderem:
- Sprachentwicklungsverzögerungen im Kleinkindalter
- Wenig Vorlesen oder Sprachförderung in den ersten Lebensjahren
- Unzureichende phonologische Bewusstheit (z. B. Schwierigkeiten beim Reimen oder Erkennen von Lauten in Wörtern)
Mangelnde Förderung und falsche Lehrmethoden
In einigen Fällen liegt trotz des Verdachts keine Legasthenie vor. Die Ursachen bestehender Probleme sind “lediglich” ungeeignete Lehrmethoden oder mangelnde Unterstützung. Ein Kind, das nicht genug Übung oder Förderung erhält, kann ebenfalls Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben entwickeln.
Verstärker: Welche Faktoren begünstigen eine Legasthenie?
Neben den primären Ursachen einer Legasthenie, wie genetischen und neurologischen Grundlagen, gibt es verschiedene Verstärker, die eine bestehende Legasthenie verschlimmern oder abschwächen können. Dazu gehören schulische, familiäre und emotionale Faktoren.
Schule als Verstärker
Das Schulsystem kann maßgeblich dazu beitragen, ob ein Kind sich positiv entwickelt oder sich Schwierigkeiten verfestigen.
Problematische Aspekte sind:
- Früher Leistungsdruck: Kinder mit Legasthenie brauchen oft mehr Zeit zum Lesenlernen. Werden sie zu schnell mit Tests und Bewertungen konfrontiert, kann dies zu Frustration führen.
- Mangelndes Verständnis der Lehrkräfte: Lehrpersonen, die sich nicht mit Legasthenie auskennen, setzen oft ungeeignete Methoden ein oder gehen nur unzureichend auf betroffene Kinder ein.
- Fehlende individuelle Förderung: Ohne gezielte Fördermaßnahmen oder eine Lerntherapie kann sich eine Legasthenie weiter verschärfen.
Familiäre Einflüsse
Auch das Elternhaus spielt eine entscheidende Rolle. Positive Unterstützung kann helfen, während negative Einflüsse die Probleme verstärken:
- Hoher Erwartungsdruck: Wenn Eltern ihr Kind trotz Legasthenie zu Höchstleistungen drängen, kann dies zu Angst und Blockaden führen.
- Wenig Geduld und Verständnis: Ein Kind, das ständig kritisiert wird, verliert sein Selbstvertrauen.
- Fehlende Lese- und Sprachförderung: Kinder profitieren enorm davon, wenn sie früh und regelmäßig vorgelesen bekommen. Fehlt eine frühe Sprachförderung, können sich Defizite verstärken.
Emotionale und psychische Faktoren
Legasthenie ist nicht nur ein schulisches Problem – sie kann auch erhebliche emotionale Folgen haben. Kinder mit Lese- und Rechtschreibschwäche erleben oft:
- Frustration und Versagensängste
- Geringes Selbstbewusstsein durch Misserfolgserlebnisse
- Mobbing oder soziale Ausgrenzung
Diese Faktoren können dazu führen, dass Kinder das Lesen und Schreiben meiden und sich weiter zurückziehen, was den Teufelskreis verstärkt.
Was Eltern und Lehrkräfte tun können
Damit psychosoziale Faktoren eine abschwächende Wirkung auf eine Legasthenie haben, können Eltern und Lehrkräfte Folgendes tun:
- Frühe Förderung durch Sprach- und Lesetraining
- Individuelle Lernstrategien und gezielte Unterstützung
- Emotionaler Rückhalt und Selbstbewusstseinsstärkung
- Offener Umgang mit der Diagnose und gezielte Therapieangebote
Eine Legasthenie ist kein Zeichen mangelnder Intelligenz – mit der richtigen Unterstützung können betroffene Kinder ihre Stärken entfalten und erfolgreich durchs Leben gehen.
Quellen und Studien, die sich mit der Vererbung von Legasthenie befassen:
Grimm (2011): Genetik der Legasthenie.
Schulte-Körne (2007): Genetik der Lese- und Rechtschreibstörung.
Oxford-Studie: Legasthenie ist mehr als nur eine Lese- und Rechtschreibschwäche
(PDF) Neurobiologie und Genetik der Lese-Rechtschreibstörung (Legasthenie)
Gene study identifies series of DNA variants linked to dyslexia | University of St Andrews news
Whole-genome sequencing identifies functional noncoding variation in SEMA3C that cosegregates with dyslexia in a multigenerational family – PMC
Ja, Legasthenie ist zu einem großen Teil genetisch bedingt. Studien zeigen, dass bestimmte Gene das Risiko für Legasthenie erhöhen und dass die Veranlagung in Familien gehäuft auftritt. Allerdings bedeutet eine genetische Prädisposition nicht zwangsläufig, dass ein Kind eine Legasthenie entwickeln muss.
Nein, die Intelligenz liegt bei einer bestehenden Legasthenie im normalen oder sogar überdurchschnittlichen Bereich. Menschen mit Legasthenie haben spezifische Schwierigkeiten, die das Lesen und Schreiben betreffen.
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